Münchner Stoff Frühling

Der Münchner Stoff Frühling: Zum zwanzigsten Mal findet die kleine exklusive Textilmesse statt. Was aber hat uns bewogen, die Reise zum Münchner Stoff Frühling anzutreten?

Für uns ist das die Neugier auf die Geschichten hinter den Stoffen. Denn auch wenn man mit seinem Geschmack und seinen Ideen fast immer goldrichtig liegt, sind es diese Geschichten, die erzählt werden, wenn Freunde zu Besuch kommen. Diesen Schatz wollen wir für unsere Kunden entdecken und zugängig machen..

Beim Münchner Stoff Frühling pendeln für ein verlängertes Wochenende Fachbesucher wie Raumausstatter, Inneneinrichter, Architekten und Designer zwischen 28 Ausstellungsräumen der Stoffhersteller und Editeure. Einige von denen wollen wir uns unbedingt ansehen. Unsere Stoffexperten Norman Drewitz und Angela Vogt sind für uns unterwegs und Sie sind herzlich eingeladen, die beiden auf ihrer Reise zu begleiten.

Am Freitag gegen Mittag machen wir uns mit unseren Kollegen von Beese Raumgestaltung per Fahrgemeinschaft auf den Weg nach München. Die lange Fahrt ist eine gute Gelegenheit für ein paar Fachgespräche und gegenseitige Ratschläge für die nächsten Etappen. Unser Wagen nähert sich währenddessen mit gerade noch erlaubter Geschwindigkeit dem Ziel.

Wir erreichen unser Hotel, das zentral gelegen und ganz nett ist, gegen zwanzig Uhr. Wir verabschieden uns vorerst von unseren mitgereisten Kollegen von Beese und steuern unsere erste Station an: Den Showroom von Pierre Frey. Für den französischen Stoffverlag bedeutet Kreativität: Reisen, Entdeckung, Emotionen und Träume – und wir sind eindeutig Fans von dieser Markenphilosophie. Der Ausstellungsraum im ersten Stock eines Neubaus versprüht infolge der banalen Architektur allerdings wenig Charme. Wir finden ein paar Schätzchen wie Drucke und alte Muster von Braquenié und einige verspielte Sachen, die sehr interessant anzusehen sind. Einigen großen, geometrischen Mustern gelingt es ebenfalls, unsere Aufmerksamkeit zu erregen. Es ist brechend voll und an die Stoffe ist so gar nicht richtig ranzukommen. Wir lassen den kleinen Raum mit niedriger Deckenhöhe unter dem Dach hinter uns und ziehen weiter zum Showroom von Christian Fischbacher. Das Schweizer Familienunternehmen entwirft seit fast 200 Jahren luxuriöse Textilien. Leider ist extrem viel los. Die Leute stehen schon auf der Straße an, um reinzukommen. Das liegt natürlich auch an der vorgerückten Stunde mit Musik und Getränken liegt.

Nach der Ankunft am vermeintlichen Ziel merken wir, dass es noch ein weiter Weg ist und noch viele Hindernisse vor uns liegen. Wir sind schließlich nicht zum Party machen angereist. Etwas Enttäuschung macht sich breit, denn wir haben noch nicht viele Stoffe sehen dürfen. Daher gehen wir ins Hotel zurück um uns für die kommenden Aufgaben auszuruhen. Denn der morgige Tag wird es in sich haben! Frisch ausgeruht geht es am Morgen mit dem Shuttle-Bus, der von Showrom zu Showrom fährt, zu Zimmer + Rohde. Das Unternehmen aus Oberursel bei Frankfurt am Main, seit vier Generationen in Familienbesitz, lässt sich durch Themen aus der Natur- und Kunstgeschichte, aktuelle Zeitströmungen sowie durch Dokumente alter Kulturen inspirieren. Dabei sollen Stoffe entstehen, die traditionelle Wurzeln haben und durch neue Techniken eine Brücke in die Moderne schlagen.

Präsentiert werden die Kollektionen in zwei Räumen und einem anschließenden Innenhof. Die Stoffe sind uns sehr vertraut, da ein Großteil davon, in unserer Ausstellung zu finden ist. Die Fensterdekorationen, genäht aus den Neuheiten der Saison, sind für uns sehr interessant. Das gleiche gilt für eine Wandbespannung aus floralen Motiven auf bedrucktem Leinen und den passenden Raffrollos. Diverse Möbel, mit aktuellen Stoffen bezogen, ergänzen die Ausstellung.

Im Innenhof finden wir Outdoorstoffe in einem aus Leinen konfektionierten Zelt. Es ist kalt aber sonnig. Durch das Wechselspiel von Innen- und Außenbereich und das Tageslicht ist die Atmosphäre um Längen harmonischer und entspannter, als in einer Messehalle. Wir haben aber noch so viel vor – also müssen wir weiter. Erneut besteigen wir den Shuttle-Bus. Dieser bringt uns zum Showroom von Dedar, dem italienische Stoffediteur, der auch die Marke Hermès präsentiert. Die spektakuläre Ausstellung befindet sich in einer großen Altbauwohnung:

Dedar will mit überraschenden Dessins, raffinierten Farbpaletten und großer Ausdruckskraft eine kühne, zeitgemäße Eleganz entstehen lassen.

Zum 40-jährigen Jubiläum von Dedar, konnte das Unternehmen für das Projekt „Screenshot“ die renommierten Designer Martino Gamper und der Künstlerin Brigitte Niedermair gewinnen. Gamper und Niedermair erschufen die Kunst – Dedar erschuf aus dieser Vision einzigartige Stoffe.

Viel Seide und Leinen, Wolle und Mischgewebe, speziell aber toll. Wandbespannungen zeigen die aktuellen Dekostoffe, eine stimmige Möblierung, kombiniert Möbel und Möbelstoffe.

Die Vorhänge wirken vor den kräftigen Farbtönen der gestrichenen Wände bombastisch. Die Wände sind teilweise schwarz bemalt, was absolut genial wirkt.

Die Stimmung in den Räumen ist einfach großartig. Auch weil die Eindrücke ringsherum so schön sind. Durch die Aussicht in den Park, den Duft frischer Frühlingsblumen, die dezente Musik und den knarzenden alten Eichenboden entsteht ein das Gefühl man stünde in einer großen lichtdurchfluteten Pariser Altbauwohnung. Der richtige Moment für ein Gläschen Prosecco.

Ein futuristisch gestalteter Dekostoff mit geometrischen Mustern reißt uns besonders vom Hocker. Auch die Teppiche, Holzjalousien und hochwertigen Parkettböden passen perfekt.

Gesamtbild: Äußerst stimmig. Das ist alles so schön, dass man gar nicht mehr gehen möchte. Doch es muss sein, weiter Richtung Shuttle-Bus, denn der Tag ist kurz.

Nach einigen Minuten fruchtlosen Wartens auf den Shuttle‐Bus bekommen wir eine schlechte Nachricht: In der Münchner Innenstadt muss eine Fliegerbombe entschärft werden. Menschen werden evakuiert und daher bleibt der Bereich vorerst gesperrt. Doch nach etwas über einer Stunde des Wartens geht es dann endlich weiter zur nächsten Station: Jim Thompson. Hoffentlich bekommen wir dort einen heißen Kaffee.

Tatsächlich werden wir im Showroom von Jim Thompson von einem herrlichen Kaffeduft begrüßt und dankend ein Tässchen an. Jim Thompson ist der Mann, dessen Name gleichbedeutend mit thailändischer Seide werden sollte. Er fand vor über 70 Jahren eine Enklave von thailändischen muslimischen Webern, stieg zum Seidenkönig und Kunstmäzen auf um dann auf geheimnisvolle Weise für immer im malaysischen Dschungel zu verschwinden.

Die Fensterdekoration zeigt einen großen Seidenelefanten, der ausschließlich aus Jim Thompson Seide hergestellt wurde. Eine von mehreren mystischen Kreaturen des Designers Douglas Little.

Der Showroom besteht aus zwei Räumen, die mit einem langen Gang verbunden sind, in dem ein raumhohes Regal viele Stoffmuster beherbergt.

Die Sofas, bezogen mit giftgrünem Samt, und die Tapeten sind ebenfalls Eyecatcher der Ausstellung.

Heute sollen die Dessins dem heimischen Interieur einen internationalen Anstrich verleihen. Jim Thompson ist die Seidenfirma schlechthin. Die Qualität ist top. Aber es gibt nicht nur Seide sondern auch tolle Leinen‐ und Wollstoffe in bestechenden Farbreihen, einfach traumhaft.

Alles ist sehr schön gemacht, leuchtende Farben, sehr gute Seiden- und Leinenstoffe, bedruckt mit interessanten Motiven.

Das war ein Highlight, doch es muss leider weitergehen in Richtung Goldberg Studios. Diese ehemaligen Werkshallen zeigen eine typische Loftarchitektur. Hier werden einige Ausstellungen zu finden sein, wir starten bei Création Baumann in der Tiefgarage. Das unabhängige Schweizer Familienunternehmen in vierter Generation blickt auf eine lange Geschichte der Weberei zurück, seit 1886 fabriziert Création Baumann Stoffe und ist für uns ein sehr wichtiger und verlässlicher Partner, der für Design auf der Höhe der Zeit steht.

Es bleibt bei einer kurzen Begrüßung und einem Snack, da wir die Stoffe in- und auswendig kennen. Einen erheblichen Teil des großartigen Sortiments können Sie in unserer Ausstellung finden.

Den Gedanken das Baumann-Design in einem Loft zu präsentieren finden wir naheliegend, denn das grafisch-reduzierte, bauhausinspirierte Design von Création Baumann passt bestens zu einer Loftarchitektur.

Da es in der Garage allerdings ein bisschen zu dunkel ist kommen keine Frühlingsgefühle auf. Noch ein Abstecher zum Pariser Familienunternehmen Houlés, dem Marktführer für dekorative Posamenten, im Jahr 1928 gegründet:

Und zu Leliévre, dem Pariser Familienunternehmen mit einer 100jahrigen Tradition, Spezialist für historische Stoffe wie Samte und Brokatelle:

Mit dem Shuttle geht es weiter zu Nobilis. Wir finden eine Altbauwohnung, eingerichtet mit Möbeln, Teppichen und Stoffen.

Alles ganz nett gemacht. Nobilis hat eine große Kollektion. Über 5000 Artikel aus den Bereichen Papiertapeten, textile Wandverkleidungen, exotischen Grastapeten und einfach verständlichen Baumwollstoffen, bis zu außergewöhnlichen Seiden‚ Velours, hochwertigen Auflageteppichen, Teppichen, Plaids und Kissen.

Weiter geht es zu Osborne & Little. Osborne & Little möchte in dieser Saison mit einer abwechslungsreichen Kollektion begeistern. Wir finden prächtige Farbwelten von Samt, gewebte Jacquardstoffe, geometrische Stickereien und viele florale Motive sowie die aktuelle Kollektion von Matthew Williamson:

Die Tapeten und Stoffe spiegeln eine botanische Themenwelt wider und sind inspiriert von Gärten, Wiesen und Waldböden. Aber natürlich gibt es auch viele Unis, zu denen sich die gemusterten Stoffe und strukturierten Webstoffe vielseitig kombinieren lassen.

Dazu gibt es neue Borten, die ein bezauberndes Detail an Vorhängen, Kissen und Sitzmöbeln sein können.

Mit Osborne & Little haben wir unsere letzte Station für den Tag hinter uns gebracht. Wir machen uns auf Richtung Hotel um uns für die Abendveranstaltung im Lendenbachpalais schick zu machen. Zur Abendveranstaltung des Münchner Stoff Frühling stehen 1200 Leute auf der Gästeliste. Das ist eine Menge.

Neben Buffet, Musik auf mehreren Floors, Bands und Tanz, gibt es ein witziges Rätsel: Models zeigen Kleider, die aus Stoffen der aktuellen Kollektion eines Herstellers angefertigt wurden. Anschließend wird ein Schild mit der Lösung gezeigt um welchen Hersteller es sich gehandelt hat. Sehr nett, nicht nur weil wir richtig liegen mit unseren Vermutungen. Die Stimmung ist super und wir bleiben lange… sehr lange.

Das Motto des Abends heißt übrigens „Black Tie“. Und hier auf unserer Showbühne von links nach rechts: Manuela Karbe, Norman Drewitz, Angela Vogt (beide ADLER Wohndesign), Olav Buchwald. Aber leider, leider ist irgendwann auch die schönste Party vorbei, spätestens nämlich wenn der DJ den Rausschmeisser‐Song spielt. Wir machen uns auf den Weg um wenigstens noch ein paar Stunden Schlaf zu finden. Denn am nächsten Morgen erwartet uns einer der führenden Textil-Editeure der Welt. Wir freuen uns auf: Rubelli. Wir finden das italienische Traditionsunternehmen im Künstlerhaus. Die Wände sind mit Holz vertäfelt, die Stoffe hängen originell von der Decke.

Zu Rubelli gehören die historische Marke Rubelli Venezia, Rubelli Casa, Dominique Kieffer, Donghia und Armani/Casa. Zwischen Mailänder Understatement und venezianischer Opulenz: Rubelli’s Stoffe sollen zeitgemäß, historisch-traditionell und glamourös-inspiriert daherkommen. Dominique Kieffer steht für einen farbenfrohen, urbanen Look. Die Stoffentwürfe von Armani/Casa wollen unverwechselbar sein‚ während Donghia Tradition und Moderne sowie Komfort und Eleganz verbinden will.

Doch kein Stoff erscheint in diesem Moment so schön wie das Klaviererspiel von Fabrizio.

Sonne, Musik, Kaffee und umgeben von den schönsten Stoffe der Welt: Das ist ein Sonntagmorgen nach unserem Geschmack. Ebenfalls im Künstlerhaus finden wir eine ausgefallene Installation von Gastón y Daniela, dem spanischen Textilverlag von 1876:

Das ist mal eine ganz andere Art der Präsentation.

Die Quader sind mit den Stoffen bezogen und dienen als Bühne für den Vogelschwarm. Eine starke Farbkombination aus leuchtendem Orangerot und Magenta. Die Leuchtkraft der Rottöne wird durch das Grau noch mehr befeuert. Als nächstes finden wir eine nette kleine Präsenz von Cole & Son, dem tradidionsreichen Tapetenhersteller aus England, gegründet im Jahre 1875:

Cole & Son ist nicht nur Lieferant der Tapeten für den Westminster Palace, sondern auch für unsere Verkaufsräume. Beim Nachdenken über neue Kollektionen kann das Unternehmen auf ein großartiges Archiv als Quelle neuer Designs zurückgreifen. Unsere letzte Station auf dem Münchner Stoff Frühling soll SAHCO sein, gegründet 1831 in Bamberg.

SAHCO will mit zeitgenössischen, klassischen oder avantgardistischen Stoffen sowie Tapeten, Teppichen und Accessoires eine lässige, elegante, feinfühlige, aber klare Aussage treffen.

Das Künstlerhaus war ein schöner Abschluß für eine gelungene Veranstaltung. Es war schön die Leute mal persönlich zu treffen, die wir sonst nur am Telefon erleben. Unser Fazit: Die Trends des Münchner Stoff Frühling lauten: florale und asiatische Motive, Drucke auf Leinen, Samt und Hoch-Tief-Velours, Taft, asiatische Motive, 60ér und 70´er Retro, Art déco, grundsätzlich mehr Stofflichkeit und etwas verspielter. Lange war das Nüchterne und Reduzierte gefragt, es jetzt scheint eine andere Richtung Einzug zu halten. Es wird mehr mit Besätzen und Posamenten gespielt, auch wenn es erstmal nur hier und da ein Keder sein mag.

Wenn jemand eine Reise tut, so kann er was erzählen. Wir wollten vor allem Zuhören und die Geschichten hinter den Stoffen erfahren. Wir wollten die Geschichten unserer Lieferanten und Partner erfahren, die unserer doch so ähnlich sind. Es waren Geschichten von Familienunternehmen in dritter oder vierter Generation, bei einigen reicht es noch viel weiter zurück. Wir haben Geschichten erfahren von Traditionen und moderner Technik, von Natur- und Kunstgeschichte, von überraschenden Dessins, großer Ausdruckskraft und kühner, zeitgemäßer Eleganz, vom Mythos über den verschollenen Seidenkönig, von Gärten, Wiesen, und Waldböden, vom Mailänder Understatement, venezianischer Opulenz und urbaner Farbvielfalt. Diese Schätze haben wir geborgen.

Natürlich haben wir auch einige besonders schöne Stoffe für unsere Ausstellung geordert. Besuchen Sie unsere Ausstellung!